So genannte Kleinklaviere, also Klaviere von einer Höhe von 1 m und etwas mehr, sind das Ergebnis von Einsparmaßnahmen. Wir kopieren ja bekanntlich nichts. Außer schlechte Ideen. Und so fand diese nicht nur phantasielose sondern im Endergebnis katastrophale Idee eines Klavierbauers zahlreiche Nachahmer. Das Ziel war die Gewinnoptimierung durch das Einsparen von Material im Vergleich zu den ursprünglich recht hohen Pianos von 130 - 150 cm. Die Strategie der Gewinnoptimierung durch Einsparungen geht jedoch zu Lasten der klanglichen und spieltechnischen Qualität. Ein deutlich kleinerer Klangkörper und damit verbunden wesentlich kürzere Saiten können nur zu suboptimalen Ergebnissen führen. Selbstverständlich leidet unter den minimierten Platzverhältnissen auch die Spielart, denn weder die Klaviermechanik noch das Talent des Klavierspielers bekommen den notwendigen Raum zur Entfaltung ihres Potenzials. Kürzere Tasten und reduzierte Hebelverhältnisse lassen keinen Rausch der musikalischen Sinnesfreuden entstehen. Und dennoch: Es gibt nicht wenig Musiker, die so ein Klavier immer noch einem E-Piano vorziehen! Das hat natürlich seine guten Gründe:
Tatsächlich ist das der Anfang dieser Geschichte zum Hörbeispiel. Da fühlt sich jemand von der Musik stark angezogen. Er kauft sich ein E-Piano, ist aber schon bald unzufrieden damit. Seine Vorbilder sind nämlich erste Wahl: Zum Beispiel der legendäre Klaviervirtuose Franz Liszt. Folglich hat sich unser begeisterter Einsteiger nach einem richtigen Klavier umgesehen. Da es bezahlbar sein sollte, kamen nur gebrauchte Pianos in die engere Auswahl. Auf seiner Suche wurde er fündig. Jetzt steht ein Kleinklavier der Klaviermanufaktur Steingraeber zu Hause bei seiner Familie. Sich wohl bei der Auswahl an seinem Ohr orientierend, hat der stolze Klavierbesitzer gut gewählt. Denn wie auf dem Bild oben zu sehen ist, hat Steingraeber sich durch eine stärkere Schräge des Bass-Stegs sowie durch Ausreizen des verfügbaren Raums mit der Positionierung dieses Stegs quasi in den Klavierboden hinein um die Maximierung der möglichen Längen der Bass-Saiten bemüht. Gleichzeitig hat man die eigentliche Auflage des Stegs durch eine Art Brücke wieder zurück in den Resonanzboden verlagert. Das heißt, der Bass-Steg wurde weiter weg vom Rand fixiert, wo er besser schwingen kann, was dem Klang zu Gute kommt. Das sind jene Details zur Klangoptimierung im Rahmen der Klavierkonstruktion, die ich oben angesprochen habe. Das ist ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem E-Piano. Nur die Stimmung, die Klavierstimmung, die war doch weit davon entfernt, unseren Klavierspieler rundum glücklich sein zu lassen. Daher kam die Klavierstimmerei Praeludio® ins Spiel.
Steingraeber verstimmtMir begegnete beim Stimmen einer offener und interessierter Klavierspieler. Im Gespräch erwähnte er, dass er keine Noten lesen könnte. Das sei meiner Ansicht nach überhaupt kein Problem, antwortete ich, da ich den Zugang zur Musik über das Ohr für weitaus interessanter halte. Schließlich ist man von Anfang an direkt an der Musik und versucht diese ganzheitlich zu erfassen. Die Hörverstellung, die weitaus mehr umfasst als lediglich die so genannte Audition, ist integraler Bestandteil dieser Herangehensweise an die Musik. Man muss es sich ja nur einmal bewusst machen, was es für ein Umweg ist, sich über die schriftlich fixierten Noten die Hörvorstellung zu erarbeiten. Unwillkürlich möchte man fragen, warum man nicht diesen Weg über das Gehör bevorzugt? Die Antwort liegt wie so häufig in den tradierten Lehr- und Lernwegen. Die heutigen Lehrer sind eben noch den alten Weg gegangen. Um neue Wege gehen zu können, müssten diese erst über ihren Schatten springen, indem sie mit ihren Gewohnheiten brechen. Wohl aus Misstrauen gegenüber den angebotenen Lehrwegen entscheiden sich immer wieder Anfänger für die wunderbare Passage aus Hermann Hesses Siddhartha: Bei mir selbst will ich lernen, will ich Schüler sein!
Auf meinem Weg im Klavierservice sind mir schon zahlreiche erfolgreiche Selbstlerner begegnet. So ein Selbstlerner sei er auch, gestand er daraufhin. Für diesen anspruchsvollen und mutigen Weg, für sich selbst die passenden Lösungen zu finden, gab ich ihm einige hilfreiche Tipps. Ferner erzählte ich ihm von meinen Gedanken, dass er ein Buch über seinen einen Lernweg schreiben sollte. Das ist insofern einfach zu realisieren, wenn man ein Tagebuch über seine Übungen und Gedanken anlegt. Das erfordert keinen großen Aufwand. Nach ein paar Jahren hat man nebenbei ein Buch geschrieben. Das Speichern der eigenen Erfahrungen, Ideen und Gedanken ist meiner Ansicht nach wichtig, da viele Ergebnisse der Lernforschung nicht bei uns Menschen sondern z.B. in der Robotik ankommen. Daher müssen wir unsere eigenen Daten sammeln und Interessierten zugänglich machen. So entsteht eine neue, durch die Praxis fundierte Lern-Kultur, die nämlich auf den Errungenschaften vorhergehender Lerner aufbaut, deren Einsichten der Lernanfänger aus seinem eigenen Weg auf ein höheres Niveau führt, um seine Einsichten wiederum den nächsten Interessierten zu vermitteln. Im Prinzip wird dieser Gedanke aktuell im Internet unter dem Stichwort Open Data diskutiert.
Als ich mit dem Stimmen fertig war und meine Kontrollaufnahme durchgeführt hatte,
Steingraeber gestimmtversuchte ich ihn mit einer Geste einzuladen, sein Klavier mal auszuprobieren. Tatsächlich folgte er gerne meiner Einladung. Und dann geschah etwas Sensationelles. Das Probespiel wurde zum Erlebnis. Anfangs etwas zögerlich griff er in sein musikalisches Portfolio und spielte mehrere Stücke kurz an, die ich in einer einzigen Aufnahme zusammengeführt habe. Dabei hören Sie nicht nur das Klavierspiel, sondern eine von der Stimmung begeisterte Familie. Das Geschehen würde ich folgendermaßen formulieren: Herzenstöne von musiksensiblen Herzensmenschen! Das ist für mich und meine Bemühungen um die gute Stimmung der Klaviere meiner Kunden weitaus bedeutsamer, als Tausende von Social-Media-Likes... Hören Sie selbst!
Probespiel des KundenFür alle Liszt-Fans: Die Konzertpianistin Henriette Gärtner hat im September 2015 mit ihrer neuen CD SPEKTRUM ihre Version der technisch anspruchsvollsten Klaviersonate h-Moll von Franz Liszt eingespielt an dem Superflügel Imperial von Bösendorfer veröffentlicht!